Interview mit Michael SellierInterview mit Michael Sellier

Interview mit Dr. Michael Sellier

Interview mit Dr. Michael Sellier, Mitinitiator der Aktion "Leben retten in Oberhaching"

Herr Dr. Sellier, Sie sind Hausarzt in Oberhaching und gemeinsam mit Iris Geyer und Renate Müller aus Ihrem Praxisteam Initiator der Aktion "Leben retten in Oberhaching - Defibrillatoren im öffentlichen Raum." Wie kam es zu dieser Idee?

Im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung über Notfälle wurde uns deutlich vor Augen geführt, wie häufig Herzstillstände vorkommen, immerhin 150 000 Mal pro Jahr in Deutschland, und dass mit frühzeitiger Hilfe, gerade auch durch Laien, ein großer Teil davon gerettet werden könnte. Als erstes haben wir uns für unsere Praxis - ergänzend zu unserem stationären Defibrillator - ein automatisches mobiles Gerät angeschafft, um für den Notfall besser gerüstet zu sein.

Was genau hat es mit der Aktion auf sich und wer ist daran beteiligt?

Es sollten in unserer Gemeinde Defibrillatoren möglichst flächendeckend und öffentlich zugänglich bereitgestellt werden, mit deren Hilfe sollten Laien noch vor Eintreffen des Rettungsdienstes in die Lage versetzt werden, das tödliche Kammerflimmern zu durchbrechen. Zusammen mit den bekannten Wiederbelebungsmaßnahmen Herzdruckmassage und Beatmung ist damit eine sehr effektive Erste Hilfe möglich.
Es kommt hier wirklich auf jede Minute an, bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes kann es schon zu spät sein.

Wir stellten die Idee unserem Bürgermeister Stefan Schelle vor, der uns sofort unterstützte. Nach einer ersten Informationsveranstaltung sagte die Gemeinde die Finanzierung der ersten acht Geräte zu. Das örtliche Rote Kreuz und einige Hausarztkollegen boten sich an, offene Trainingsabende für die Bevölkerung zu veranstalten um den Menschen die Angst vor Defibrillatoren und Wiederbelebung zu nehmen.

2007 kaufte die Gemeinde die Geräte und hängte sie an öffentlich zugänglichen Stellen auf.
Am Oberhachinger Rathaus, dem Rotkreuzhaus, der Grundschule Deisenhofen, dem Feuerwehrhaus Oberbiberg und in der OMV-Tankstelle im Gewerbegebiet sind die Geräte rund um die Uhr zugänglich, im Bürgersaal beim Forstner und in der Kyberghalle nur zu den Öffnungszeiten. Ein Gerät führt der Bürgermeister mobil in seinem Auto mit.

2009 kam ein Gerät im neuen Naturbad Furth dazu. Zudem finanzierte die VR-Bank München Land eG ein Gerät und hängte es in ihrem SB-Bereich in der Geschäftsstelle in der Bahnhofstrasse auf.

Die Gemeinde Oberhaching trägt die Kosten der Wartung und Pflege der Geräte und bezahlt die Übungsmaterialien für die Trainingsabende.

Ist es nicht sehr gefährlich, Defibrillatoren von Laien bedienen zu lassen?

Die Frage höre ich oft. Nein, die Geräte sind einfach in der Handhabung und gefahrlos für Ersthelfer und Erkrankte.

Sie geben nach dem Einschalten laute Sprachanweisungen, unterstützt durch graphische Darstellung. Wenn die Elektroden aufgeklebt sind erfolgt eine Rhythmusanalyse durch das Gerät, ein Schock wird nur freigegeben, wenn er erforderlich ist.
Man kann also keinen Schaden ausrichten und nichts falsch machen.

Die in Oberhaching eingesetzten Geräte sind speziell für den Einsatz durch Laien gedacht. Sie sind sehr übersichtlich und einfach zu bedienen. Sie finden solche Geräte inzwischen überall: An U-Bahnhöfen, Flughäfen, Veranstaltungsorten, in Museen, öffentlichen Gebäuden und Betrieben. Überall dort sollen sei von Laien bedient werden.

Damit niemand völlig unvorbereitet ist, bieten die Hausärzte gemeinsam mit dem Oberhachinger Roten Kreuz regelmäßig offene Trainingsabende an. In dieser kostenlosen, zweistündigen Veranstaltung wiederholen wir die Grundlagen der Wiederbelebllng und üben mit den Teilnehmern an einer Puppe. Wir erklären auch den Einsatz des Defibrillators an einem Übungsgerät. Das kann natürlich keine Erste-Hilfe-Kurse ersetzen, nimmt aber vielen die Angst. Bisher haben schon über 500 Bürgerinnen und Bürger an den Trainings teilgenommen. Die Rückmeldungen zu den Abenden sind sehr positiv.

Und das ist ja unser Ziel: Den Menschen Mut machen, im Notfall zu helfen.

Was kann ich tun, um die Aktion zu unterstützen?

Zunächst können Sie natürlich an einem Trainingsabend teilnehmen, um sich zu informieren und die Wiederbelebung zu üben. Die Abende finden von 19 bis 21 Uhr im Rot-Kreuz-Haus in der Kybergstraße 24. Die Termine in den Kybergnachrichten und auf dieser Webseite veröffentlicht.

Außerdem lohnt es sich, bei Spaziergängen im Ort bewusst auf die Standorte der Defibrillatoren zu achten, damit Sie im Ernstfall genau wissen, wo ein Gerät hängt. Die Informationen über die Standorte finden sie regelmäßig in den Kybergnachrichten sowie in den Faltblättern, die an den Defibrillatoren hängen. Und natürlich hier.

Speziell Unternehmen können zudem Geräte stiften und ggf. auch gleich bei sich aufhängen. Dies sollte in enger Absprache mit der Gemeinde Oberhaching (Herr Volz, 61377 - 149) erfolgen.

Schließlich können Sie Informationsmaterial zur Aktion bei sich auslegen oder verteilen.

Kontaktieren Sie dazu am besten das Rote Kreuz (0 89 - 62 81 93 33, Anrufbeantworter). Dort können Sie sich auch zu den Trainingsabenden anmelden.